Die Swinemünder Kirchen

Zur Geschichte der Swinemünder Kirchen

 

Die Christuskirche

Die finanzielle Grundlage für die erste Swinemünder Kirche, die Christuskirche am Kleinen Markt, bildete ein Königliches Gnadengeschenk von 12.800 Talern. Eingeweiht wurde das Gotteshaus im Jahre 1792. 1814 vermachte der Hamburger Schiffer Christian Heins der Kirche ein hölzernes Schiffsmodell, das im Kircheninneren aufgehängt wurde. 1834 wurde die Orgel aus dem Jahre 1803 durch einen Neubau des Orgelbauers Grünberg, Stettin, ersetzt. 1881 erhielt die Kirche endlich einen Turm. Zudem wurden Umgestaltungen vorgenommen: Der Anbau einer Altarnische, die Neuordnung des Gestühls, die Neuausstattung der Decke des Mittelschiffs, die Vergrößerung der Orgelbühne, die Veränderung der Beleuchtung und der Bemalung, der Bau eines Schornsteins, die Modifikation des Giebels, die Beschaffung vier neuer Glocken und der Ersatz der alten Kirchenuhr. Unmittelbar nach der Fertigstellung der Lutherkirche im Jahre 1906 verschönerte man mit Geldern des Heyseschen Erbes die älteste Kirche der Stadt ebenfalls. Im Zusammenhang mit dem Bau der Lutherkirche bekam die bis dahin namenlose alte Swinemünder Kirche den Namen „Christuskirche“. Bemerkenswert sind auch die Aufstellung einer hölzernen Lutherfigur im Jahre 1907 in der Kirche und die neue Orgel von der Firma Steinmeyer & Co. aus dem Jahre 1927. Pfarrer waren im Jahre 1930 die Herren Reichmuth und Graeber. Durch den Bombenangriff am 12.03.1945 und in der folgenden Zeit durch Plünderung u. ä. erlitt die Kirche geringfügige Schäden. Nach 1980 erfolgte ein radikaler Umbau des Kircheninneren. Von der früheren Ausstattung blieben allein die Orgel, das Schiffsmodell und einige Bilder erhalten.

 

Die Lutherkirche

In den Jahren 1905-1906 erfolgte der Bau der Lutherkirche. Möglich wurde das durch die Heysesche Millionen-Erbschaft, die sehr zur Blüte Swinemündes beitrug. Frau Konsul Emilie Heyse, sie starb 1899, hatte in ihrem Testament auch die Stadtgemeinde Swinemünde und deren evangelische Kirchengemeinde als Erben eingesetzt. Die Stadt und die evangelische Kirchengemeinde erhielten von dem mehr als 2 Millionen umfassenden Nachlass 1.109.937,01 Mark als eisernes, unantastbares Kapital. Die angesammelten Zinsen sollten nach dem Willen der Erblasserin u. a. zum Bau eines Waisenhauses und einer neuen Kirche verwendet werden. Der Berliner Architekt Fritz Gottlieb hatte das neue Gotteshaus mit 1000 Sitzplätzen und einem 67 m hohen Turm im Stil der Frühgotik entworfen. Bei der im Jahre 1903 erfolgten Grundsteinlegung waren neben dem Bürgermeister Grätzel von Grätz der Oberpfarrer Wiesner und der preußische Kultusminister anwesend, der die symbolischen drei Hammerschläge ausführte. Die Kirche wurde gegenüber dem Amtsgericht, in der Bismarckstraße, Ecke Moltkestraße (heute Ecke Pilsudskistraße - Paderewskistraße) von Swinemünder Firmen gebaut. Die Glocken lieferten Voß und Sohn aus Stettin, die Orgel die Firma Grünberg, ebenfalls aus Stettin. Am 22.März 1906 erfolgte die Einweihung der neuen Kirche durch  Generalsuperintendent D. Büchsel.  Die neue Kirche war prachtvoll ausgestattet, die Vorhalle  schmückte eine Bronzestatue von Martin Luther.  Pfarrer der Kirche war im Jahre 1930 Herr Poetter,  der gleichzeitig Marinestandortpfarrer war. Im Volksmund hießen die beiden großen evangelischen Kirchen nun „die Alte Kirche“ bzw. „die Neue Kirche“. Ein Gottesdienst, der 39 Jahre später, am Sonntag, dem 11.März  1945 in der „Neuen Kirche“ gefeiert wurde, sollte der letzte sein! Am Tage danach, am 12. März 1945, war das Kirchendach durch den Luftangriff auf die Stadt beschädigt worden, was letztlich den Verfall der Kirche einleitete.  Der polnische Historiker Jozef Plucinski erklärt diese Tragik einerseits damit, dass die Kirche an der Grenze des polnischen Stadtteils zum Kurviertel stand, welches zur geschlossenen russischen Enklave geworden war. Für die Polen war sie nach Plucinskis Meinung ein Symbol des fremden, „deutschen“ Glaubens, für die Russen dagegen ein Symbol der Religion schlechthin, die für sie  „Opium für das Volk“ war.  Hinzu kamen seines Erachtens menschliche Dummheit und gedankenloser Vandalismus. Bald waren Bänke, Fenster und die Orgel verschwunden, wurden Mauern und Dächer zerstört. Die Lutherkirche verfiel und wurde im Jahre 1962 größtenteils  abgerissen. Das Dach des Turmes, der stehen geblieben war, wurde 1971 entfernt. Scheute man den großen Aufwand seines Abrisses oder rettete den Turm der Umstand, dass er auf den Seefahrts- und Militärkarten eingezeichnet war?  Heute dient der restaurierte Torso als Aussichtsturm und bietet einen schönen Blick auf die Stadt und deren Umgebung.

 

Die katholische Kirche Ave Maris Stella

Die Stadt Swinemünde war von Anfang an eine Stadt, deren "Bevölkerung von ausgesprochen internationalem Charakter war", wie Theodor Fontane schreibt. "In Swinemünde selbst ... war alles derart durcheinander gewürfelt, dass man den Repräsentanten aller nordeuropäischen Länder daselbst begegnete." (T. Fontane) So nimmt es nicht wunder, dass auch eine katholische Kapelle gebaut wurde. Und: Nach der Gründung des Deutschen Reiches im Jahre 1871 dienten in Swinemünde zunehmend auch Soldaten aus den katholischen Ländern Deutschlands (Preußen war vorwiegend evangelisch-lutherisch). Am 22.Juli 1896 wurde daher anstelle der kleinen Kapelle in der Neuen Straße 13 in Swinemünde die neue katholische Kirche "Ave Maris Stalla" eingeweiht. Pfarrer der katholischen Kirchengemeinde war im Jahr 1930 Herr Adamus, Kaplan Herr Jaitner.

 

Die Kirche der Alt-Lutheraner

Neben den großen evangelischen Gemeinden und der katholischen Gemeinde gab es in Swinemünde auch eine kleine Gemeinde, die zu der sogenannten Evangelisch-lutherischen (altlutherischen) Kirche Altpreußens gehörte. Diese vom Staat unabhängige Freikirche hatte sich vor fast 200 Jahren in Preußen gebildet, weil ihre Glieder die von König Friedrich Wilhelm III. geforderte unierte Landeskirche nicht mittragen wollten. Sie hielten es aus Gewissensgründen für unmöglich, lutherisches und calvinistisch-reformiertes Bekenntnis miteinander zu verbinden. Die altlutherische Gemeinde Swinemünde gründete sich 1846 - nach mehreren Jahren eines Vorstadiums - und wurde zunächst eine Filialgemeinde der Altlutheraner in Wollin. Einen Gottesdienstraum schuf man sich kurzfristig in einem Privathaus, und 1870 entstand in der Schulstraße eine schlichte Kirche, die über 60 Jahre lang ihren Zweck erfüllte. Jedoch, den Raum für die wachsende Gemeinde zu vergrößern, ließ das kleine Grundstück nicht zu. Als der Swinemünder Kaufmann Karl Lange der Gemeinde ein Grundstück schenkte, wurde von dessen Erlös ein Gelände auf der Anhöhe in der Gadebuschstraße, nahe der Friedenstraße, erworben. Dort wurde 1934 mit der Initiative von Pastor Gerhard Stief, der seit 1926 der Seelsorger war, die schöne und würdige Kreuzkirche errichtet - ein Klinkerbau mit 250 Sitzplätzen und einer wertvollen Orgel. Der junge Berliner Architekt Richard Oertwig gab mit diesem, seinem ersten Bau einen Beweis seines Könnens. - Den Luftangriff auf Swinemünde am 12. März 1945 hatte die Kirche, bis auf erhebliche Fensterschäden, überstanden - ganz im Gegensatz zur Christuskirche und zur Lutherkirche, die unbenutzbar waren. In der Kreuzkirche hielt zu Ostern 1945 - am 1. April - ein landeskirchlicher Geistlicher für die noch verbliebenen evangelischen Swinemünder einen gemeinsamen Abendmahlsgottesdienst. Pastor Stief war Ende 1944 im Baltikum gefallen. Einen letzten Gottesdienst in der Kreuzkirche mit einem altlutherischen Pastor gab es im September 1945 - er war aus Berlin angereist. Bald danach stand die Kirche unbenutzt und herrenlos da. Das Gebäude wurde von Jahr zu Jahr mehr verwüstet. Gegen 1958 erfolgte der Abbruch. Nur einige Reststücke sind jetzt auf der Anhöhe zu sehen. Und doch kann man sich die Architektur der Kreuzkirche in voller Größe heute noch vor Augen führen: Denn nach ihrem Vorbild wurde 1938/39 die evangelische Kirche in Seebad Bansin gebaut!

 

Die Synagoge in Swinemünde

Noch Anfang des 19.Jahrhundert waren in Swinemünde keine Juden ansässig. Erst  1816 siedelten sich zwei Händler an, die bald große und weit verzweigte Familien gründeten. Es waren Fürchtegott Isenthal und Jakob Benjamin Ehrlich. Zwei Jahre später kam als Dritter der Schnittwarenhändler Joseph Jacob Jacoby hinzu. Später folgten u. a. die Familien Riegel, Kantorowicz und Stargarder. Im Laufe der Jahre waren die meisten dieser Familien verschwägert bzw. verwandt.  Die Zahl den Juden stieg sehr langsam. Im Jahre 1925 beherbergte die Stadt 128 jüdische Bürger. Damit lag ihr Anteil an der Bevölkerung der Stadt unter dem Landesdurchschnitt, der ein Prozent betrug. An die Öffentlichkeit trat die jüdische Gemeinde erstmals 1821, als sie anlässlich eines Todesfalles um einen Begräbnisplatz bat. Sie wünschte für ihre Toten aus rituellen Gründen einen eigenen Friedhof. Man wählte hierzu eine kleine Höhe in der Nähe des alten evangelischen Friedhofs (Friedenstraße, heute Chopina Str. ) aus. Diese Begräbnisstätte wurde später der „Alte jüdische Friedhof“ genannt. Als jedoch im Jahre 1875 der Platz nicht mehr ausreichte und die Stadt eine Vergrößerung ablehnte, musste eine andere Begräbnisstätte gesucht werden. Die Stadt stellte für einen neuen jüdischen Friedhof Dünenland in der Nähe alten Ahlbecker Landstraße zur Verfügung, der bis 1938 genutzt wurde. Um den alten jüdischen Friedhof entspann sich nun ein Streit. Die jüdische Gemeinde war nach langen Verhandlungen bereit, den alten Friedhof gegen ein an den neuen Friedhof angrenzendes Stück Land abzutreten. Die Gebeine der Verstorbenen  wurden sorgsam umgebettet und auf dem neuen jüdischen Friedhof  zum zweiten Male der Erde übergeben. Auch der Bau eines jüdischen Gotteshauses wurde schon 1821 vorbereitet. Der Kaufmann Isenthal stockte das Hintergebäude seines Wohnhauses ( Große Kirchenstraße, heute Grunwaldzka) auf und und stellte die neuen Räume der jüdischen Gemeinde zur Verfügung. Bald wurde dieser Raum zu eng.  Ein Antrag der jüdischen Gemeinde aus dem Jahre 1853 an den Staat auf Unterstützung beim Bau einer Synagoge wurde zunächst wegen der zu geringen Mitgliederzahl abgelehnt. 1857 mietete daher die jüdische Gemeinde einen Teil des militärischen Ökonomiegebäudes in der Blücherstr. 1 (später Bismarckstr.,heute Piłsudskiego). Gegen 1857 schenkte die Stadt der jüdischen Gemeinde einen Bauplatz in einem noch unbebauten Teil der Neuen Straße (Nr. 6, heute Piastowska). Die jüdischen Gemeindeglieder brachten 500 Taler zusammen, womit der Bau einer einfachen Synagoge in Angriff genommen werden konnte. Der Maurermeister Pistorius errichtete das neue Haus schließlich  für 1650 Taler. In wenigen Jahren waren die gesamten Kosten durch freiwillige Spenden gedeckt. Am 20 September 1859 fand die feierliche Einweihung durch einen Berliner Rabbiner statt. Im November 1938 , während der „Reichskristallnacht“, brannte die Synagoge nieder. Im gleichen Jahr wurde auch der jüdische Friedhof verwüstet. Heute findet man von beiden Stätten der jüdischen Gemeinde keine Spur mehr. Eine jüdische Schule gab es in Swinemünde nicht. Der Religionsunterricht wurde durch einen Kantor erteilt.

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