Fontane und der Mörder Mohr

Der Vater Theodor Fontanes war Apotheker in Swinemünde und so verlebte der Dichter einen großen Teil seiner Kindheit in dieser Stadt. In seinen “Kinderjahren” beschreibt er jene Zeit in Swinemünde und auf der geliebten Insel Usedom sehr eindrucksvoll.
 Dass Fontanes Effi Briest im Haus des Landrates Flemming in Swinemünde spielt und Hauptmann Crampas seine Wohnung gegenüber im Haus des Bürgermeisters hatte, ist den in der Literatur Bewanderten wohl bekannt. Kessin, der Ort, in dem Effi wohnt, ist Swinemünde. Die Ausritte mit dem Major führen an den Gothensee und den Schloonsee (bei Heringsdorf bzw. Bansin). Vineta - der Sage nach vor Koserow versunken - kommt ebenso vor wie Saßnitz und der Herthasee (auf Rügen) mit seinen Opfersteinen.
 Heute ist dort, wo die Apotheke früher in S. stand, eine Gedenktafel für Fontane angebracht. Der Initiator dieser Aktion ist Dr. Józef Pluciński. Das Haus befindet sich am ehemaligen "Kleinen Markt" nahe der Christuskirche (auch die Post befindet sich an diesem Platz).
 In einer alten, den Swinemündern gut bekannten Moritat, heißt es: “Mohr ein Mann in gutem Stande, lebt am Swinemünder Strande, ward als Handelsmann geehrt, bis das Spiel sein Glück zerstört...” Und weiter (die beteiligte Ehefrau des Mörders): ”Mohr wir müssen früh aufstehn, wollten doch den Mord begehn..” Fontane berichtet ebenfalls über den Mörder Mohr und dessen Ehefrau, bei deren Exekution im Jahre 1828 (sie wurden aufs Rad geflochten) Vater Fontane eine wichtige Rolle zu spielen hatte: Er musste an der Spitze der Bürgerwehr Karl Mohr und dessen Ehefrau zum Richtplatz am Weststrand führen.
Sowohl in der Beschreibung seiner Kinderjahre als auch in seinem Roman "Effi Briest" (hier als das Grab des Chinesen) hat Fontane dieses Ereignis verarbeitet.

Das Lied von dem Mörderpaar Mohr und seiner Ehefrau
Sechzehn Verse will ich dichten von zwei großen Bösewichten,  eine Frau mit ihrem Mann, die einen großen Mord begann.
Mohr, ein Mann in gutem Stande, lebt am Swinemünder Strande, ward als Handelsmann geehrt, bis das Spiel sein Glück zerstört.
Um halb zehn weckt ihn sein Weib: Mohr, sei stark an Seel und Leib, wolltest ja den Mord begehn, laß uns beide schnell aufstehn.
Er schickt erst das Mädchen fort, sagt, der Wein liegt noch am Bord; dann vergießt mit Tigerwuth, er der Alten schuldlos Blut.
Schleift sie fort im schnellen Lauf; lauert nun dem Mädchen auf. diese tritt kaum in die Thür, sticht er auch schon los auf ihr.
Doch das Mädchen voller Kraft, wehrt sich lang bis sie erschlafft, und den ganzen Leib voll Wunden, und die Finger abgeschunden.
Nun fängt er erst an zu rauben, geht das ganze Haus durchschnauben; auf den Hof kommt er zurück, wo die Leiche er erblickt.
Nun ihr sollt mich nicht verrathen, doch das Mädchen hat noch Athem; Mohr gibt ihr noch einen Stich, denn das Mädchen stirbt noch nicht.
Doch er sagt: sie hat genug, Mohr, das Ding das geht nicht klug, willst du nicht, so muß doch ich, geben ihr den Todesstich
Dieses Weib, das schwanger war, wußte nicht, wen sie gebar, fürchte Gott und lebe recht, heißt das Kind des Mordgeschlechts.
Jetzt sitzt er in schweren Ketten, kann nicht knöcheln, kann nicht wetten, schwört sogar von Gott sich los, und verflucht den Mutterschooß.
Will der Priester ihn besuchen, fängt er gräßlich an zu fluchen,  und verlachet Gottes Wort, bis der Geistliche muß fort.
Gottes Wort wird ihm gegeben, doch der Bösewicht stößt neben sie in seine Bretterwand, paukt zur Lust mit Ketten dran.
Seine Frau hingegen betet, glaubt an Gott und seufzt und fleht, er stets nur die Wahrheit lügt, doch sein Lügen ist besiegt.
Seine Frau hat eingestanden, trägt ganz ruhig ihre Banden, frägt den Pfarrer, ob sie kann bitten für den bösen Mann.
Beide sitzen jetzt in Ketten, und ich will mein Leben wetten, beide werden abgethan; doch sein Weib gehet voran.
Colberg, gedruckt bei C.F. Post

 

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